Wieso gibt es Menschen, welche die sexuelle Lust viel mehr verspüren als andere? Stimmt etwas nicht mit Menschen, die nur wenig – oder gar kein – Lustempfinden verspüren? Was steht alles hinter der sexuellen Energie aus eurer Sicht?

Wir gehen gerne auf die seelischen Aspekte dieses Themas ein, wollen aber vorab die körperliche und emotionale Ebene kurz ansprechen, die eine genauso grosse Rolle spielt. Sexuelle Lust wird einerseits durch euer Hormonsystem gesteuert, kann andererseits durch traumatische Erlebnisse blockiert werden. Darüber werden wir hier jedoch nicht sprechen, sondern über die höhere Bedeutung der Sexualität, die Verbindung und Intimität zwischen euch als wahre Wesen.

Genauso wie Fauna und Flora habt auch ihr Menschen ein evolutionär verwurzeltes Bedürfnis, euch zu vermehren. Dies kann völlig lustlos um der Fortpflanzung Willen geschehen. Ebenso wird Sexualität oftmals zu einem Machtspiel und Druckmittel von beiden Seiten, oder es handelt sich nur um eine rein körperliche Handlung, wie etwa ein One-Night-Stand. Dies kann zwar lustvoll erlebt werden, hat aber keine Berührung mit dem, worüber wir sprechen wollen, und worum es in diesem Fragekomplex geht, nämlich darum, was die Essenz und das Potenzial der sexuellen Begegnung beinhalten.

Sexualität ist aus unserer Sicht eine von mehreren Möglichkeiten, in eine tiefe intime Verbindung mit einem anderen Menschen zu treten. Eine Verbindung, die gegenseitige Verletzlichkeit annimmt, in der Masken abgenommen werden können und dadurch eine Stärkung der Beziehung sowie ein tieferes Erkennen des anderen und des eigenen Seins fördern.

Dabei geht es nicht um die Form der Sexualität, weder um die Geschlechter oder Identitäten und es schliesst auch polyamoröse Beziehungen nicht aus. Es geht allein darum, dass hinter der Sexualität der Wunsch steht, dem anderen Menschen unverstellt zu begegnen und das Gegenüber auf dieser Ebene zu erkunden. Um es anzunehmen und sich zu öffnen für das gegenseitige wahre Wesen im Ausdruck durch Sexualität und Körperlichkeit. Wie oft dieser Akt geschieht, wird aus diesem Fokus heraus vollkommen unwichtig. Er geschieht dann, wenn dieses Bedürfnis – auf dieser Ebene! – auftaucht.

In eurer Gesellschaft ist es aber sehr schwer, diesem inneren Kompass zu folgen und sich nicht dem Druck zu beugen. Es ist dies der Anspruch, immer jung und schön und aktiv zu bleiben. Vielleicht mögt ihr euch, schon in ganz jungen Jahren und auch mit 90 Jahren noch, sexuell mitteilen. Wenn nicht, ist es genauso richtig. Habt den Mut, die Sexualität so oft und so zu teilen, wie es für euch passt und wie es euch einander näherbringt, denn dies ist der seelische Kern. Sexualität ist Verbindung – und Freude daran wird zur körperlichen Lust.

Werdet euch auch bewusst, wie stark sexuelle Lust verbunden ist mit gesellschaftlichen Vorstellungen und wie oft sie sich daher wandelte. Der Anspruch von aussen war in der einen Generation der, dass lustvolle Sexualität bei Frauen mit psychischer Krankheit verbunden wurde, dann musste alles im Dunkeln und schnell vonstattengehen. In den Flower-Power-Bewegung wurde die freie Sexualität gelebt, die dann zu einem Zwang führte, sie auch auf Kosten des eigenen Bedürfnisses anzubieten.
Jede Entwicklung hat ihren Druck. Sich diesem bewusst zu werden, hilft euch, die eigene Haltung zur Sexualität zu erforschen und zu finden, ohne der gesellschaftlichen Meinung zu viel Raum zu geben.

Es ist uns sehr wichtig, darüber zu sprechen, dass Sexualität nur ein Weg von vielen zur Intimität ist. Heute bezeichnen sich immer mehr junge Menschen als asexuell. Das ist aus unserer Sicht keine Einschränkung für eine ebenso tiefe Beziehung, wenn Einigkeit darüber herrscht. Von der Seelenebene her gesehen können wir sagen, dass intime Liebe auf allen Ebenen verwirklicht werden kann und darf.

Die Mehrheit unter euch wird wohl die körperliche Ebene bevorzugen, da ihr auf einem körperlich-materiellen Planeten lebt und dies ein guter Weg ist, sich spürbar nahe zu kommen. Tatsächlich ist es aber so, dass sich viele unter euch ins Bewusstsein des anderen verlieben. Durch Diskussionen, das Öffnen des Geistes, das Teilen von Gedanken, die den Menschen zutiefst verletzbar zeigen und euch gegenseitig tiefste Freude bereiten.

Ebenso können auf der emotionalen Ebene Beziehungen hergestellt werden, die in intimen Freundschaften weit mehr zulassen, sich von Wesen zu Wesen zu berühren, als dies mit sexuellen Kontakten geschieht. Der Mensch braucht zwar körperliche Berührungen und Umarmungen, um zu gedeihen, sexueller Kontakt ist jedoch dafür nicht unabdingbar notwendig.

Es mag verwirrend sein, dass in eurer Jetzt-Zeit so viele intime Themen aufgebrochen werden. Die Gender-Thematik, sexuell freie Beziehungen oder Monogamie, die Varianten der geschlechtlichen Identität, die nagende Ungewissheit, ob es die eine lebenslange Liebe überhaupt gibt, und vieles mehr. In all dieser Verwirrung und Unsicherheit ist eines besonders wichtig: Diese Zeit gibt euch die Chance, euch neu zu erforschen und zu erfinden. Wer seid ihr und was berührt euch wirklich tief, von Wesen zu Wesen? Auf welcher Ebene des Erlebens spürt ihr in eurer Verbindung Freude, zeigt ihr euch verletzlich und ohne Rolle. Auf welcher Ebene könnt ihr aus eurem wahren Wesen mit einem wahren Wesen loslassen und die Liebe spüren?

Freudevolle Verbindung ist es, um die es geht. In der Sexualität wandelt sich diese Freude zu Lust – und doch ist die Basis davon nichts anderes als Freude und die Bereitschaft, diese gemeinsam und innerlich (!) nackt zu erleben.

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Kommentar von Patricia |

Liebe Astrid
Welch wunderbarer Text zu einem Thema mit grossem Potential für Missverständnisse und Erwartungen.
Herzlichen Dank!
Patricia

Kommentar von Rahel |

Hallo liebe Astried
Herzlichen Dank für diese Botschaft von Echnatiel. Oft, wenn ich diese lese, empfinde ich tief in mir drin genauso und denke, eigentlich habe ich das bereits so gesehen oder gewusst. Es ist immer wieder eine Bereicherung.
Alles Liebe und Gute!
Rahel

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